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Sei Genopreneur!

Genossen mit Gründergeist beim Genopreneurship Summit

veröffentlicht: 05.06.2016 · Franziska Köppe | madiko
aktualisiert: 17.01.2019 · Franziska Köppe | madiko

Mit der Aufforderung “Sei Genopreneur!” lud die Akademie Deutscher Genossenschaften (ADG e.V.) in Kooperation mit dem Corporate Startup Summit zum ersten Genopreneurship Summit nach Köln. Ihr folgten einhundert Menschen aus Genossenschaften (vorwiegend genossenschaftlichen Banken) und Startups.

Es war genau diese Mischung, die die Konferenz interessant machte. Im Spannungsfeld der Utopisten und Dystopisten der Digitalen Transformation wurden Trends, Werte, Haltung, Geschäftsmodelle, Methoden wie auch Technik von unterschiedlichsten Seiten beleuchtet.

Mein subjektiver Rückblick.

Lesezeit ~9 min.

Foto: Genopreneurship Summit 2016: Sketchnotes
Franziska Köppe | madiko sketchnotes

Die Idee der Genossenschaften

… ist nicht neu. Bereits im Mittelalter schlossen sich Menschen für einen gemeinsamen Zweck ‒ den Erhalt von Deichen, Knappschaften im Bergbau, Alpgenossenschaften zur gemeinschaftlichen Nutzung von Alpen und Weiden, Beerdigungsgenossenschaften und viele mehr ‒ zusammen1.

1799 startete Robert Owen in seiner Baumwollspinnerei in New Lanark (Schottland) ein Experiment für menschenwürdigere Lebens- und Arbeitsbedingungen. Um die Bewohner mit guten und günstigen Lebensmitteln zu versorgen, gründete er einen Konsumladen. Owen hoffte, dass die Arbeiter mit Genossenschaften, also mit selbst organisierten Produktionsstätten und Läden ihrer damals deutlich hervortretende Ausbeutung durch die Kapitalbesitzer eine Alternative entgegensetzen könnten. Er forderte sie auf:

Ihr müsst eure eigenen Kaufleute, eure eigenen Fabrikanten werden, damit ihr euch selbst mit Waren bester Qualität und niedrigstem Preis versorgen könnt.

Robert Owen

Baumwollspinnerei in New Lanark (Schottland)

Dadurch angeregt, gründeten 28 Arbeiter der ansässigen Baumwollspinnerei 1844 die erste eigenständige Arbeiter-Genossenschaft in Nordengland, die Rochdale Society of Equitable Pioneers.

Nur drei Jahre später riefen in Deutschland ‒ unabhängig voneinander ‒ Friedrich Wilhelm Raiffeisen den ersten Hilfsverein zur Unterstützung der notleidenden ländlichen Bevölkerung rund um das rheinland-pfälzische Weyerbusch und Hermann Schulze-Delitzsch eine Hilfsaktion, die in Not geratenen Handwerkern aus Delitzsch zugutekam, ins Leben. Nach den Grundsätzen der Selbsthilfe, Selbstverwaltung und Selbstverantwortung formierte Schulze-Delitzsch 1847 die „Rohstoffassoziation“ für Tischler und Schuhmacher und 1850 den „Vorschussverein“ – den Vorläufer der heutigen Volksbanken.

Selbsthilfe, Selbstverwaltung und Selbstverantwortung

So stehen heute Genossenschaften für diese Grundwerte und Prinzipien:

  • Identität von Eigentümern und Kunden:
    die Mitglieder sind zugleich Eigner und Konsumenten der Genossenschaft.
  • Genossenschaftlicher Förderzweck:
    im Vordergrund der unternehmerischen Tätigkeit steht der genossenschaftliche Förderzweck (vor der Rendite).
  • Selbsthilfe in demokratischer Rechtsform:
    Genossenschaften sind freiwillige Zusammenschlüsse zur Förderung der Mitglieder aus eigener Kraft für materielle Unabhängigkeit und Stabilität.
  • Genossenschaftlicher Verbund:
    zur Wahrung der Unabhängigkeit werden Genossenschaften in regelmäßigen Prüfungszyklen auf ihre ökonomischen, rechtlichen und steuerlichen Fragen hin geprüft.

Genossenschaften sind zumeist regional organisiert. Bodenständigkeit gilt als Tugend. Genossen verbinden unternehmerischen Erfolg mit gesellschaftlich verantwortlichem Handeln für soziale und ökologische Themen. Sie sind um Fairness bemüht und folgen der solidarischen Idee “Was einer allein nicht schafft, das schaffen viele.”

Tradition trifft auf Innovation

Digitale Transformation als Katalysator

Sehe ich mir Zukunftstrends an, nehme ich zwei Tendenzen wahr: Einerseits sind da die konventionellen Kapitalisten, die auf den eigenen Vorteil bedacht nach immer ausgebuffteren Strategien streben, Menschen und Gesellschaft ausbeuten zu können. Ganz aktuell können wir das anhand der Panama Papers (Süddeutsche Zeitung) verfolgen. Diametral gegenüber steht die Bewegung der Akteure, die die Schere zwischen Arm und Reich ‒ Aufgeklärt und Unwissend ‒ Ohnmächtig und (Selbst)Ermächtigt verkleinern. Die nach Lösungen für die großen Menschheitsfragen suchen. Unternehmer, die darauf ihre gesamte Existenz verwetten, weil sie daran glauben. Menschen, die sich für ihre Mitmenschen, für Naturschutz und die Gemeinschaft mit sehr viel Herzblut engagieren.

Utopisten der digitalen Transformation

Die Digitale Transformation scheint diese Entwicklungen zu beschleunigen. Da sind zum einen die Utopisten, die an Konzepten und Ausrüstung jedweder Art tüfteln. In ihrer Vorstellung nehmen uns Maschinen einst alle Routinetätigkeiten ab. Sogenannte “smart cities” mit ressourcen-effizienter Allokation für mehr Komfort, technik-gestützte Helferlein im Alltag wie beispielsweise eine vollautomatische Müllabfuhr oder auch die Dezentralisierung von Produkten und Dienstleistungen, die uns Ko-Konsum, Ko-Kreation oder auch Ko-Finanzierung ermöglichen ‒ der Traum jedes Utopisten. In Ihrer Zukunftsvision verdienen wir in fünf Wochenstunden unser Einkommen und konzentrieren uns für den Rest der Zeit auf die schönen Dinge des Lebens.

Dystopisten der digitalen Transformation

Dystopisten halten dem entgegen, dass wir uns mit zunehmender Digitalisierung zum gläsernen Bürger entwickeln. In einem schleichenden Prozess werden wir sowohl als Individuen als auch als Gesellschaft extrem manipulierbar. Statt wohlmeinenden Menschen dienen wir zukünftig monopolistischen Marktmächtigen und ihren Robotern (oder Software und Applikationen).

Um im Spiel noch mitmischen zu können, begeben wir uns mit einem mulmigen Gefühl in Abhängigkeiten, die uns nicht mehr freiwillig scheinen. Untergehend in einer großen Masse an Usern bleiben wir doch mit der Software (und unserem Umgang damit) allein. Vereinzelung der Nutzer führt zu Ohnmacht gegenüber “virtuellen Chefs”. Vermeintlich kleine Änderungen in einer App haben teils fatale Folgen für die Anwender, die in manchen Fällen ihre Existenz auf diese Angebote verwetten. Etwas, das beispielsweise zur Zeit die Fahrradkuriere in Berlin hautnah zu spüren bekommen.

Hinzu kommt das von George A. Akerlof als Adverse Selektion erkannte Phänomen, das die Gier einzelner Markt-Akteure dazu beiträgt, dass ganze Branchen in Generalverdacht geraten, ihre Kunden systematisch über’s Ohr zu hauen. Die Konsequenz: Vertrauensverlust ‒ eine Spirale, die vor allem die Anbieter trifft, die gute Leistungen für gutes Geld anbieten. Die Spargier der Verbraucher tut seinen Teil dazu.

Spannungsfeld zwischen den Polen

In diesem Spannungsfeld leben wir. Es ist also gar nicht so einfach zu entscheiden, was ein gutes Leben ist und wie ich Angebote gestalte, die ein gutes Leben für die Beteiligten ermöglichen.

Vernetzung

von erfolgreichen genossenschaftlichen Unternehmen mit jungen Firmen und Gründern aus der digitalen Ökonomie

Boris Janek, Initiator des Genopreneurship Summit, schreibt in seinem Blog:

In vielen Teilen der Welt entstehen Bewegungen, die nach anderen Formen der Ökonomie suchen und die vor allem auch die Plattform Geschäftsmodelle der digitalen Ökonomie, durch bessere Modelle ersetzen möchten. Dabei geht es grundsätzlich darum, die kooperative Ökonomie mit der digitalen Ökonomie zu vernetzen und daraus etwas Neues und für Menschen Besseres zu machen. Lässt sich eine genossenschaftliche Plattform Ökonomie entwickeln? Sind wir in der Lage, aus den vielen einzelnen Aktivitäten überall auf der Welt eine Bewegung zu starten, die die Software, welche die Welt isst, mit neuen Werten programmiert?

Boris Janek

Spezialist Geschäftsmodell Innovation Akademie Deutscher Genossenschaften ADG

Im Nachgang zum Genopreneurship Summit bekennt er:

Ich bin der festen Überzeugung, dass Innovation Haltung braucht und vor allem auch einem Zweck folgen sollte, der Mensch und Umwelt vor den Profit stellt. Selbst die Vertreter der Plattform Ökonomie postulieren diese Philosophie, obwohl diese dann all zu oft durch die Ansprüche des Venture Capital-Wachstums Gesetzes zerrieben werden.

Boris Janek

Spezialist Geschäftsmodell Innovation Akademie Deutscher Genossenschaften ADG

In den anderthalb Tagen des Summits wurden von den dreißig Referenten unterschiedlichste Sichtweisen eingebracht. Ich hatte die Gelegenheit, intensive Gespräche zu führen und die Teilnehmer meines Impuls-Workshops Mehr genossenschaftliche Innovateure braucht das Land! auf meine Reise des Verstehens mitzunehmen.

Hier meine Sketchnotes und Notizen aus zwei Tagen Genopreneurship Summit:

Genopreneurship Summit 2016: Sketchnotes . Bild: cc Franziska Köppe | madiko sketchnotes

Von der Sharing Economy zum Plattform-Kooperativismus

Ela Kagel, Geschäftsführerin Supermarkt und Mitbegründerin der digitalen Freelancer-Genossenschaft CZY WRK (gesprochen: cozy work) regte in ihrem Workshop an, die Gedanken des Teilens und gemeinsam Gestaltens mit genossenschaftlichen Werten und Prinzipien zu verknüpfen.

Wo es der Sharing Economy vorwiegend um Effizienz in Sachen Kapitalismus geht, streben Plattform Kooperativisten nach Werten. So dient die Online-Plattform dazu, genossenschaftliche Ideen in die digitale Welt zu tragen und “lokales” Engagement neu zu definieren. Die gemeinschaftliche Zielsetzung für die Teilnehmer/Teilgeber der Plattform wird das Verbindende und alljene sind Eigentümer der Plattform.

Diese Kooperativen dienen so als faire Alternative den Menschen. Es geht um soziales Miteinander. Finanziert werden die Zusammenschlüsse mittels Transfergebühren für die einzelnen Aktionen und zumeist einem Mitgliedsbeitrag. Die Mitglieder der Plattformen entscheiden, was mit dem erwirtschafteten Geld passiert. Ela und ihren Mitstreitern geht es darum, die grundsätzlichen Ideen der Sharing Economy in selbstbestimmte, digital organisiere GenossenschaftsPlattformen zu überführen — mit dem Ziel, die Plattform solidarisch zu besitzen, die Gewinne zu teilen und kollektive Formen der Wertschöpfung zu entwickeln.

Von der Sharing Economy zum Plattform-Kooperativismus <br>Sketchnotes Genopreneurship Summit 2016. Bild: cc Franziska Köppe | madiko sketchnotes

Von der Sharing Economy zum Plattform-Kooperativismus
Sketchnotes Genopreneurship Summit 2016
[ 2016-06 Franziska Köppe | madiko sketchnotes ]

Alljährlich entstehen weltweit tausende neuer Webportale, die unsere Gesellschaft und wie wir reisen, leben, arbeiten, denken und handeln zunehmend verändern. Teils wachsen sie rasant und treiben Ivestment-Bänkern die Dollar in die Augen. So erfährt die Share-, Collaborative-, Peer2Peer- und On-Demand Economy derzeit einen fulminanten Hype. Die Mehrzahl dieser Online-Angebote sind heute (noch) im Besitz weniger. Thomas Dönnebrink warf daher die berechtigte Frage auf:

Warum verschläft das Genossenschaftswesen diese Entwicklung, obwohl hier enorme Potenziale schlummern?

Thomas Dönnebrink

OuiShare Connector Berlin & Germany

Er führte uns vor Augen, dass riesige Profite in die Taschen weniger fließen und große Mengen privater Daten in intransparenten Silos enden.

Konzentration und Monopolisierung scheint der Trend zu sein. Aber wer generiert letztendlich den Wert auf den teils milliardenschweren Plattformen wie UBER, airbnb und vielen anderen? Es sind die Millionen von Usern der Plattformen: teils Konsumenten, teils Produzenten, oft beides, sogenannte Prosumer. Warum sind die Stakeholder der Plattformen (noch) nicht auch deren Shareholder? Plattformen bieten sich an, genossenschaftlich organisiert zu sein. Am 13.11.2015 setzte die platform cooperativism conference an der New School in New York City den Auftakt für eine Richtungsänderung, eine „Coming-out-Party für das kooperative Internet“: Collaborative Economy meets Genossenschaftswesen. Oder Collaborative Economy 3.0 bzw. Geno(preneurship) 2.0? […] Vor allem Genossenschaftsbanken haben zwei große Joker im Ärmel, welche für die Trendwende von Ausschlag und zum großen Nutzen für das Genossenschaftswesen, die Mitglieder und die Gesellschaft sein könnte.

Thomas Dönnebrink

OuiShare Connector Berlin & Germany

Ela und Thomas geben in Ihrem Beitrag “Platform-Cooperativism — a movement on the rise” einen Einstieg in die Thematik.

Crowd Economy:
Crowd-Innovation, Crowd-Funding und Crowd-Sourcing

Kunden in die Wertschöpfungskette einzubeziehen liegt voll im Trend. Dennis Schenkel, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Deutschen Crowdsourcing Verbands, sprach in diesem Zusammenhang vom Dezentralisieren der Arbeit. Wir reden von Crowd-Innovation, Crowd-Funding und Crowd-Sourcing.

Die Motivation vieler Unternehmen ist klar: Es geht darum, Kunden zum Teil des eigenen Geschäftes zu machen und sie so zu binden. Dahinter stehen letztlich knallharte wirtschaftliche Interessen. Insofern war Dennis’ Frage interessant:

Führt Crowd Economy zu einem neuen Verständnis des Unternehmertums und zu einer Renaissance des Genossenschaftsmodells?

Dennis Schenkel

Stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Deutschen Crowdsourcing Verbands

Wenn jede*r Dienstleistungen und Produkte anbieten kann, werden die Selektion nützlicher Informationen, Zugang zu Online-Medien und soziale Reputation wichtiger. Wir haben die Chance, Wirtschaft zu (re)demokratisieren. Die Prinzipien der BlockChain ermöglichen virtuelle Firmen, die sich genossenschaftlichen Werten unterordnen – zum Wohle aller Beteiligten. Doch das erfordert aus meiner Sicht eine demütige und wertschätzende Haltung. Und da gibt es auch unter Genossen große Unterschiede.

Crowd Economy mit Crowd-Innovation, Crowd-Funding und Crowd-Sourcing <br>Sketchnotes Genopreneurship Summit 2016. Bild: cc Franziska Köppe | madiko sketchnotes

Crowd Economy mit Crowd-Innovation, Crowd-Funding und Crowd-Sourcing
Sketchnotes Genopreneurship Summit 2016
[ 2016-06 Franziska Köppe | madiko sketchnotes ]

Disruption gestandener Branchen ‒
wird Wissen zur neuen Währung für Banken?

Eines zeigt sich heute schon deutlich: Die Crowd Economy verändert das Finanzwesen. FinTech heißt die Digitale Transformation der Banken. Es geht dabei nicht nur um BlockChain und Social Media-Integration. Banken sind gefordert, sich auf ihre ureigenen Dienste zurückzubesinnen und ihren Zweck zu hinterfragen.

Helga Koch und Johannes Korten berichteten von den Ergebnissen der GLS Zukunftswerkstatt. Sie treibt die Frage um, was zukünftig die Leistungen einer Bank sind.

[ update 2021-11-28:
Das Video der GLS Bank zur GLS PLattform / GLS Online Bankspiegel Spezial
ist leider nicht mehr verfügbar ]

Ausgangspunkt ihrer Überlegungen:

  • an Geld zu kommen ist nicht mehr so schwer (siehe oben)
  • im Internet gibt es zahlreiche kostenfreie Leistungen, die wir mit Daten bezahlen
  • wir nutzen heute die unterschiedlichsten Angebote ‒ ein allgemeiner Überblick inklusive Datenschutz fehlt

40 Jahre nachhaltiges Leben mit starkem sozialen wie ökologischem Engagement — die GLS Bank genießt bei ihren Mitgliedern Vertrauen. Dies gilt es nun, ins digitale Zeitalter zu überführen. Es gibt konkreten Bedarf, den die Kunden und Genossen der GLS Bank gegenüber artikulieren. Sie würden gern die Möglichkeit nutzen, Produkte und Dienstleistungen von anderen GLS-Bank-Mitgliedern und Kunden beziehen zu können. Sie wünschen sich Vernetzung untereinander, um sich austauschen und gemeinsame Aktionen voranbringen zu können.

So denken die GLS Intrapreneure Helga und Hannes laut darüber nach, wie eine genossenschaftliche Online-Plattform der Zukunft aussehen könnte. In ihrer Vorstellung vereint sie

  • einen multi-bankenfähigen Finanzstatus
  • einen Marktplatz für soziale und ökologische Anbieter basierend auf Crowd-Funding, Crowd-Investing und Crowd-Sourcing
  • einen kuratierten App-Store rund um gesellschaftliche Themen
  • ein Social Network

In ihrer Vision wird es GLS Coins (eine eigene Währung), so etwas wie ein GLS Tinder, GLS Insurance und virtuelle Mitgliederversammlungen geben:

Bank als Plattform ‒ wird Wissen zur neuen Währung? <br>Sketchnotes Genopreneurship Summit 2016. Bild: cc Franziska Köppe | madiko sketchnotes

Bank als Plattform ‒ wird Wissen zur neuen Währung?
Sketchnotes Genopreneurship Summit 2016
[ 2016-06 Franziska Köppe | madiko sketchnotes ]

Mit dem GLS Club (Arbeitstitel) verbinden sie die Vision, Medien-Brüche zu vermeiden und haben gleichzeitig die Herausforderung: “Wie werden wir alltags-relevant?” Denn ihr Anspruch ist es, ein Medium zur Verfügung zu stellen, dass alltäglich verwendet wird. Dabei ist klar, dass sich auch die GLS von der Vorstellung verabschieden muss, zunächst danach zu fragen, was die GLS Bank davon hat, bestimmte Produkte und Dienstleistungen anzubieten.

Zukünftig muss der Kundennutzen (wirklich und ehrlich) im Zentrum der Überlegungen stehen. Was sich hier so floskelhaft liest, ist keineswegs selbstverständlich. Ich selbst investiere viel Draufrumdenken, um die Prinzipien der Sinnkopplung auch auf Marketing anzuwenden. Und doch tappe ich in der Umsetzung hin und wieder noch in alte Gewohnheitsfallen.

Insofern beschleicht mich ein ungutes Gefühl, wenn Helga und Hannes das Konzept des Hooked — how to build habit-forming products von Nir Eyal für die Plattform zur Anwendung bringen wollen. Es wirkt auf den ersten Blick sehr manipulativ auf mich, wenn triggers, investments, rewards und actions bewusst eingesetzt werden, um Menschen zu gewünschtem Verhalten zu “motivieren”. Ja, genau das meine ich (alle Sinnkopplungsanhänger wissen, wovon ich hier schreibe). Doch urteile ich hier nicht vorschnell. Denn in gewisser Weise hat Nir einen wichtigen Zusammenhang von Verhalten und Wirtschaft in der heutigen Gesellschaft aufgedeckt, der so nicht von der Hand zu weisen ist:

Die Frage, die wir uns also beim Einsetzen von Methoden und Denkmodellen durchaus stellen sollten ist: Heiligt der Zweck die Mittel? Ist es legitim, Menschen zu “nudgen” wie das Denglisch so schön heißt, wenn es doch einer guten Sache dient? Nun, diese Frage muss jede*r für sich selbst beantworten. Da maße ich mir kein Recht an, hier für alle zu sprechen. Mal ganz davon abgesehen, ob unsere Strategie dann auch den gewünschten Erfolg beim Zielpublikum hat…

Das leitet uns elegant zu einem weiteren Aspekt von Genopreneurship, ja Unternehmertum überhaupt: Die Zukunft bleibt und ist ungewiss.

Unternehmertum
bedeutet Scheitern

Selbst die pfiffigste Geschäftsidee kann zur falschen Zeit kommen. Exzellente Umsetzung kann auf einen Markt treffen, der das Produkt oder die Dienstleistung nur halb so spannend (oder weniger) als die Gründer findet.

Holger Heinze hielt im Rahmen vom Genopreneurship Summit einen “Fuck-up”-Monolog. Offen und ehrlich beschrieb er, was in seinen Unternehmen schief lief und worauf er die Misserfolge jeweils zurückführt. In dieser geballten Ladung etwas gewöhnungsbedürftig.

Mit meinen Sketchnotes drehe ich den Spieß um und leite “Lessons learned” ab. Nicht in allen Punkten gehe ich mit. Wie immer gilt: Es sind Fallbeispiele und die Reflexion unserer eigenen Verhaltensweisen und Grundmuster hilft uns dabei, vielleicht den ein oder anderen Fehler zu vermeiden.

Unternehmertum bedeutet Scheitern <br>Sketchnotes Genopreneurship Summit 2016. Bild: cc Franziska Köppe | madiko sketchnotes

Unternehmertum bedeutet Scheitern
Sketchnotes Genopreneurship Summit 2016
[ 2016-06 Franziska Köppe | madiko sketchnotes ]

Wer Holger im Original hören möchte. Bitteschön:

Stille Post

Die Sache mit der zwischenmenschlichen Kommunikation

Deutlich lustiger ging es in der Session mit Thomas Hann zu. Mit einer Runde “Stille Post” spielte Thomas auf die langen Entscheidungswege in der konventionellen Hierarchie von Firmen an. Wir waren wohl zu gut. Doch reichte es zu verdeutlichen, welche zum Teil fatalen Folgen die üblichen Kommunikations- und Entscheidungsdesigns in der Innen- und Außenkommunikation (und damit auf die Markenrealität) haben.

communicare bedeutet2

  • etwas gemeinsam machen, vereinigen, zusammenlegen
  • etwas mit jemandem teilen, jemanden an etwas teilhaben lassen
  • etwas jemandem mitteilen, mit jemandem etwas besprechen
  • geben, gewähren
  • sich besprechen, beraten
  • mit jemandem verkehren


Es ist ganz heilsam, sich die Ursprünge des Wortes wieder in Erinnerung zu rufen. Menschen wollen lernen und wachsen. Darin suchen sie Anerkennung. Diese drückt sich aus durch

  • Wertschätzung der Person und der Arbeitsergebnisse
  • Relevanz der eigenen Arbeit für andere (Sinn)
  • Flexibilität und ein selbstbestimmter Entscheidungsraum (Autonomie)
  • Sozialen Halt (abgefedert werden, wenn ich es brauche)


In ihrem Streben nach Zuspruch wollen sich Menschen mit anderen verbinden. Sie neigen dabei dazu, wenn sie nichts Positives finden, sich im Negativen zu verbünden. Unser limbisches System filtert, was bei uns “ankommt”. In meinem eigenen Erleben kann das in Unternehmen unter Umständen ein sehr starker Gruppendruck werden (und es einige Kraft und Mühe kosten, diesem Gruppendruck Stand zu halten).

Um einem Vorhaben also motivierenden Schwung zu geben, empfiehlt Thomas eine wertebasierte, lebendige Kommunikation (im obigen Sinn) über das “WIR” der Firma. Ein gesundes Bewusstsein über die Frage(n) “Wer bin ich? Wer sind wir?” ist eine wirksame Identität des Einzelnen im Kontext des Unternehmens möglich.

Im Zusammenspiel mit den anderen Akteuren der Firma entstehen die Hemisphären des Handelns. Und dann fällt es uns leicht(er) unseren “Zweck” und unseren Beitrag zur Firma zu erkennen und wahrnehmen zu können. Und das gibt schließlich Klarheit darüber, ob ich für die “richtige” Firma tätig bin.

Stille Post – Die Sache mit der zwischenmenschlichen Kommunikation <br>Sketchnotes Genopreneurship Summit 2016. Bild: cc Franziska Köppe | madiko sketchnotes

Stille Post – Die Sache mit der zwischenmenschlichen Kommunikation
Sketchnotes Genopreneurship Summit 2016
[ 2016-06 Franziska Köppe | madiko sketchnotes ]

Auch ich beschäftige mich regelmäßig mit wertorientierter Kommunikation. Ich halte es für essenziell, wenn wir Unternehmen mit Sinn führen und unseren Marktwert nutzenorientiert honoriert wissen wollen. Doch dazu ein anderes Mal mehr. Für heute beschließe ich diesen Blogbeitrag und meinen Rückblick auf den Genopreneur Summit 2016. Fortsetzung folgt. In diesem Sinne …

Bleib neugierig,


[ 1 ] Quelle: Genossenschaft (via Wikipedia)
[ 2 ] Quelle: communicare (via pons)

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